Geburtsbericht

Eins vorweg: Ich hatte einen geplanten Kaiserschnitt und er war alles andere als schön! Wer also Horror-Geschichten über die Geburt nicht lesen möchte, der sollte nach diesem Satz aufhören zu lesen und diese Seite schnellstmöglich schließen.

Ich hatte gehofft, eine der wenigen Frauen zu sein, die einen positiven Geburtsbericht verfassen kann. Natürliche Geburt, Termingerecht, ohne Sorgen, Ängste und Kummer, ohne Einleitung, Medikamente und Schmerzmittel! Leider kommt immer alles anders als man denkt, Planung ist bei einer Geburt fehl am Platze… egal ob es das 1. oder das 3. Kind ist.

Mit unserer Diagnose Placenta praevia marginalis war schon früh klar, dass bei uns ein primärer Kaiserschnitt durchgeführt werden muss. Wir hatten allerdings bis zuletzt gehofft und gebangt, dass sich die Plazenta noch nach oben bewegt. Leider war dem nicht so und ich musste mich dann doch irgendwann mit dem Gedanken anfreunden, dass unser künstlich erzeugtes kleines Wunder auch auf dem künstlichen Wege auf die Welt kommen wird. Mir hat es stark geholfen, mir vor Augen zu führen, dass wir beide vor weniger als 100 Jahren noch qualvoll bei der Geburt gestorben wären und uns die moderne Medizin so ein Leben als Familie ermöglichen kann.

Aber schön war die Vorstellung trotzdem nicht.. Ich liege bei vollem Bewusstsein, komplett abgehangen und bewegungsunfähig auf einem OP-Tisch und werde aufgeschnitten. Auch der Gedanke, dass bei vollem Bewusstsein eine Operation durchgeführt wird und ich gar nichts dabei spüre, war für mich fernab jeglicher Realität. Ich versuchte mich auf die gesamte Prozedur vorzubereiten, las mehr als 2 Bücher über Kaiserschnitte und sehr viele verschiedene Erfahrungsberichte von Frauen, deren Geburt in einem Kaiserschnitt endete. Als der Termin dann festgelegt war – wir konnten ihn tatsächlich auch etwas mitbestimmen – wurde es dann ernst. Nochmal etwas meditieren, tief durchatmen und an die Zeit nach der Geburt denken, an unser kleines Wunder, auf das wir so lange gewartet haben.

Warten, warten und nochmals warten

Da bereits eine andere Schwangere aus meinem Geburtsvorbereitungskurs per Kaiserschnitt in meiner Klinik entbunden hat, wusste ich schon, was grob auf mich zukommt. Ihr wurde gesagt, die OP wäre 8 Uhr, dann um 8 Uhr hieß, es ginge 10 Uhr los – 10 Uhr wurde sie abgeholt und in den Kreißsaal gebracht. Dort hieß es dann, es ginge sehr bald los – aber erst 13 Uhr wurde sie in den OP gefahren. Ähnlich war es bei mir dann auch – die Einfahrt in den OP war aber glücklicherweise schon 12 Uhr.

Im Kreißsaal bekam ich Flüssigkeit intravinös, um den Kreislauf anzukurbeln – dann gab es noch etwas gegen Sodbrennen und saures Aufstoßen (ein echt ekelhaftes Getränk!). Mein Mann war hier Gott sei Dank – trotz Corona-Maßnahmen – an meiner Seite. So verging die Wartezeit doch sehr viel schneller als erwartet, allerdings waren wir sehr angespannt. Wir hatten enorm Angst vor Komplikationen während der OP (bei mir wie auch bei unserem Baby). Dann ging es los – ich wurde in den OP geschoben. Ein Abschiedskuss und ein Austausch nervöser Blicke. Wir würden uns erst wieder sehen, wenn ich bereits anästhesiert und abgehangen auf dem OP-Tisch liege.

Endlich geht es los

Im OP angekommen wurde mir erstmal das Team vorgestellt. Die Anästhesistin und ihr Assistent haben sich ganz liebevoll um meine Anästhesie gekümmert. Tobias – der Assistent – war wirklich sehr einfühlsam und hat meine nervös zitternden Hände gehalten und mich versucht zu beruhigen. Ich hatte immer nur im Kopf: „Bald hast du es hinter dir, gleich geschafft“. Nachdem die Anästhesistin die Wirbelsäule abgetastet hat, kamen 3 kleine Piekser um meine Wirbelsäule herum. Das war die örtliche Betäubung. Und dann kam ein sehr unangenehmer Druck genau in die Wirbelsäule hinein. Es war trotz Betäubung ziemlich unangenehm. Nachdem die Anästhesie saß, musste ich mich schnell auf dem OP-Tisch legen. Der Tisch war wie liegender Gynäkologie-Stuhl, der noch zwei Stege für die Arme besaß. Ich lag, wurde festgeschnallt und schon haben meine Füße angefangen, warm zu kribbeln. Das Gefühl wanderte immer weiter nach oben – langsam, aber stetig. Als es ungefähr auf der Höhe der Knie war, wurde mir der Blasenkatheter gelegt. Ich spürte zum Glück nichts, aber komischerweise spürte ich die Berührungen der Ärztin an meinen Beinen. Währenddessen wurd mein Bauch abgeklebt, desinifiziert und das Tuch wurde über meiner Brust nach oben gespannt.

Die Ärztin zeichnete irgendwas mit einem spitzen Gegenstand auf meinem Bauch. Ich spürte es pieksen. Ich hatte plötzlich panische Angst, dass sie jetzt schon anfangen, obwohl weder mein Mann an meiner Seite ist noch die Anästhesie wirkt. Ich krallte mich an die Anästhesistin und sagte ihr, dass ich das Pieksen gespürt habe und ich Angst habe, dass die Anästhesie nicht richtig wirkt. Sie sagte es der Ärztin und es wurde immer weiter auf meinem Bauch herumgestochert. Die Ärztin und ihr Assistent schienen es eilig zu haben und haben nachdrücklich auf die Anästhesistin eingeredet, dass es langsam mal wirken sollte. Als ich dann sagte, das das Pieksen langsam etwas dumpfer wird, wurde alles super schnell in die Wege geleitet. Kaum saß mein Mann an meiner Seite, wurde ich auch schon aufgerissen! Und ich sage das so offen, weil ich alles bis ins kleinste Detail gespürt habe – die Anästhesie saß also nicht richtig! Ich spürte, wie der Doc die beiden „Bauchhälften“ griff und heftig nach oben und dabei die Hälften auseinander zog. Dann sagte die Ärztin, sie sähe einen voll behaarten Kopf. Ich spürte Hände in meinem Bauch, die nach meinem Baby griffen. Gleichzeitig übten andere Hände Druck von außen über meinen Magen nach unten aus. Das Baby wurde Stück für Stück aus meinem Bauch entwickelt. Beim Herausholen riss die Naht links und rechts auf, da unser Baby größer als erwartet war. Auch das spürte ich – diesmal sogar sehr viel stärker. Jetzt wurde mir schwindlig und extremst heiß.

Als mir mein Baby an den Kopf gelegt wurde, spürte ich, wie mir die Gebärmutter aus der Bauchhöhle gezerrt und auf den Oberbauch gelegt wurde. Endlich konnte ich etwas durchatmen – die akuten Schmerzen ließen vorerst etwas nach. Ich wollte mich gerade auf meine Tochter konzentrieren, da wurde sie auch schon von den Kinderärzten abgeholt, um den Apgar-Wert zu ermitteln. So langsam blieb mir die Luft weg und der Raum drehte sich um mich herum. Erst spürte ich einen unangenehmen Zug und dann einen sehr ohnmächtig gleichen Druckschmerz in meiner Bauchhöhle: Die Gebärmutter wurde wieder in den Bauch zurück gestopft. Das war der schlimmste Schmerz, den ich je in meinem Leben verspürt habe! Mir blieb alles weg! Luft, Sprache, Bewusstsein… ich konnte nur noch schreien und instinktiv wehrte ich mich aus den Halterungen des OP-Tisches. Ich hörte alles nur noch verschwommen und sagen konnte ich gar nix. Ich bekam nur einzelne Wörter nach großer Anstrengung heraus, wie zum Beispiel „heiß“, „Schmerz“ und ganz viel Stöhnen. Die Anästhesistin war etwas hilflos und fragte mich, was denn los sei – ob ich Wehen spürte (sie spritze mir wohl kurz vorher Oxytocin, dass Nachwehen auslöste). Ich kann mich nur noch an ihre letzten Worte erinnern: „Das drückt doch alles nur ein bisschen. Solche Schmerzen können sie gar nicht haben.“

Dann war alles schwarz und ich wachte auf, als ich in den Armen der Assistenten lag: Ich wurde zurück in mein Bett gehoben. Mein erster Gedanke war, dass ich wohl ohnmächtig vor Schmerz geworden sein muss. Ich wurde in den Kreißsaal zu meinem Mann und Kind gefahren. Ich lernte meine Tochter kennen und dann wurden wir auch schon wieder aus dem Kreißsaal in mein Zimmer gefahren. Gefühlt waren das für mich 20 Minuten – es waren aber über 3 Stunden!

Was danach kam

3 Tage nach der OP kam dann die Chefärztin zu mir. Leicht scheu mit einem vorsichtigen Blick betrat sie vorsichtig mein Zimmer. Sie konnte mir anfangs nicht richtig in die Augen schauen. Die erste Frage, die sie mir stellte war: „Woran können Sie sich noch erinnern?“. Ich stellte gleich klar, dass ich mich an alles erinnern könnte und das es alles andere als schön war, ich aber bisher kein Trauma davon getragen hab. Tatsächlich war ich auch nicht traumatisiert – es fühlte sich für mich an, als hätte ich eine ganz normale Geburt mit allen dazugehörigen Schmerzen erlebt. Es war schlimm, keine Frage, aber es ging vorüber und am Ende waren nur noch „leichtere“ Schmerzen da, mit denen ich klarkommen musste.

Die Ärztin atmete sofort erleichtert auf und erklärte mir, dass die Spinalanästhesie leider nicht richtig gesetzt wurde. Sie hat womöglich anfangs zu 80% gewirkt, so dass die Entwicklung des Babys noch erträglich für mich war, aber danach hat die Wirkung wohl schnell wieder stark nachgelassen und die Operation für mich unerträglich gemacht. Sie erklärte mir, dass es dann für den Fortgang der OP keine andere Möglichkeit gab, als mir ein starkes Schmerzmittel zu spritzen und mich zu sedieren. Ich wurde also nicht ohnmächtig, sondern wurde narkotisiert. Tatsächlich wurde ich aber nur unter Narkose gesetzt, weil mein Bauch ständig hart wurde und das das Zunähen erschwert hat. Sie haben also meine Schmerzensschreie geflissentlich ignoriert und erst sediert, als sie nicht weiter arbeiten konnten. Im Nachhinein war ich natürlich ziemlich sauer.

2 Gedanken zu “Geburtsbericht”

    1. Hallo Christina 🙂 Ja – schön ist anders! Tatsächlich hatte ich vor meinem Kaiserschnitt Kontakt mit einer frischgebackenen Mutti, bei der die Spinalanästhesie auch versagt hat. Ich dachte damals nur „Hoffentlich passiert mir das nicht..“, habe es aber gleichzeitig als absolute Ausnahme angesehen und es nicht nah an mich rankommen lassen. Hätte nie gedacht, dass mich das auch trifft und dass es auch beim Kaiserschnitt so viel Negatives zu berichten gibt…

      Es ist echt grausam, was den Frauen hier angetan wird – zum „Wohle des Kindes“, „Sie tun das für Ihr Kind“, „Es ist das Beste für Ihr Kind“, „Eine Vollnarkose ist besonders schlecht für Ihr Kind!“ oder „20 Minuten Schmerz werden Sie ja wohl ertragen können!“ o.Ä. musste ich mir im OP auch anhören!

      Tatsächlich kannte ich die Doku noch nicht, vielen Dank für´s Teilen! Ich werde sie gleich ansehen 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.